Das Medikament Imatinib ist seit 2001 für die Behandlung einer Form der Leukämie (Blutkrebs) zugelassen und auch für einige andere Tumore, darunter GIST (Sarkom des Magen-Darm-Traktes) .

Eine Wirkung von Imatinib auf Desmoide wurde 2002 zum ersten Mal festgestellt. Für den Einsatz bei Desmoiden befindet es sich daher noch in der Phase der Erforschung. Zur Zeit beginnen und laufen schon erste größere Studien, die erforschen, welche Bedeutung Imatinib in der Behandlung der Desmoide spielen kann, wie groß die Erfolgschancen also sind, und wie die Wirkung auf Desmoide zustande kommt.

Imatinib ist der Wirkstoffname. Im Handel ist das Medikament unter dem Namen Glivec (im Englischen Gleevec) erhältlich.

Wann wird diese Behandlung durchgeführt?

Imatinib ist das neuste Medikament, das für Desmoide erprobt wird. Es wird daher bei Desmoidpatienten eingesetzt, bei denen andere Therapien nicht zu einer Kontrolle des Tumors führen oder nicht durchführbar sind. Die herkömmlichen Therapien haben den Vorteil, dass ihre Wirksamkeit, Langzeitwirkung und Langzeitnebenwirkungen besser erforscht sind. Für Patienten, bei denen diese Therapien aber keine Wirkung zeigen, steht mit Imatinib nun eine weitere Behandlungsoption zur Verfügung.

Wer kann behandelt werden?

Eine Wirkung wurde bisher für Desmoide im Bauchraum genauso wie für Desmoide an äußeren Muskeln gezeigt. Genauere Ergebnisse hierzu müssen abgewartet werden. Zur Zeit werden meist Rezidive (wiederaufgetretene Tumore) behandelt.

Für die Behandlung von Kindern mit Imatinib liegen sehr wenig Erfahrungen vor. Es scheint aber prinzipiell möglich, auch Kinder mit Imatinib zu behandeln.

Welches Ziel hat die Behandlung?

Ziel dieser Behandlung ist es, das Wachstum des Tumors zum Stillstand zu bringen. Bei einigen Patienten kann auch eine Verkleinerung des Tumors erreicht werden, bis hin zu einem vollständigen Verschwinden.
Es ist aufgrund der Datenlage schwierig, genaue Angaben darüber zu machen, bei wie vielen Patienten Imatinib eine Wirkung zeigt. Von den Patienten, die bisher mit Imatinib behandelt wurden, wiesen in den Studien zwischen 35% und 70% für mindestens 1 Jahr kein Tumorwachstum auf. Dass die Zahlen so stark schwanken, liegt an den geringen Patientenzahlen in den Studien.
Es scheint, dass zu Beginn der Behandlung sehr viele Patienten ansprechen, von denen einige nach Monaten bis Jahren dann aber wieder ein Tumorwachstum zeigen. Daher sind länger laufende Studien nötig, um die Wirkung von Imatinib auf Desmoide wirklich beurteilen zu können.

Ein weiteres Ziel ist es, die Symptome zu bessern, die der Tumor hervorruft. Es ist häufig ein Rückgang der Symptome festzustellen, auch wenn der Tumor während der Therapie nicht kleiner wird.

Wie funktioniert die Behandlung?

Imatinib gehört zur Gruppe der Tyrosinkinase-Rezeptor-Blocker. Tyrosinkinasen sind Rezeptoren auf der Zelloberfläche, die für das Wachstum von Zellen verantwortlich sind. Diese Rezeptoren leiten normalerweise Signale von außen an die Zelle weiter, dass sie wachsen soll. Bei einigen Tumorzellen ist dieser Rezeptor kaputt, so dass er immer Wachstumssignale an die Zelle leitet, auch wenn von außen gar kein Signal kommt. Die Zelle wächst also ständig, teilt sich, und so entsteht ein Tumor. Imatinib blockiert den ständig aktivierten Rezeptor, so dass er keine Wirkung mehr auf die Zelle hat. Er stoppt dadurch Wachstum und Teilung der Zelle. Über welchen Rezeptor genau das Imatinib beim Desmoid wirkt, weiß man nicht. (Es gibt verschiedene Tyrosinkinaserezeptoren.) Man kann deshalb zur Zeit nicht vorhersagen, bei welchen Desmoiden das Imatinib wirken wird.

Imatinib wird auch als ‚sanfte Chemotherapie’ bezeichnet. Dies stimmt insofern, dass Imatinib auch bei einigen Krebserkrankungen eingesetzt wird. Es gehört aber in eine ganz neue Gruppe von Chemotherapeutika, nämlich die der Signaltransduktionshemmer. Diese Medikamente wirken, indem sie Wachstumsrezeptoren hemmen. Sie wirken also viel gezielter als herkömmliche Chemotherapeutika, die ja unspezifisch alle sich schnell teilenden Zellen treffen. Daher nennt man sie auch target therapies (bzw. zieloptimierte Krebsmedikamente) . Die Nebenwirkungen dieser Medikamentengruppe sind geringer als die einer herkömmlichen Chemotherapie.

Wie wird die Behandlung durchgeführt?

Imatinib wird in Form von Tabletten zweimal täglich eingenommen. Die Dosis liegt meist bei 800 mg pro Tag. In einigen Studien werden auch niedrigere Dosen eingesetzt.

Erste Behandlungserfolge können nach Wochen bis Monaten festgestellt werden.
Die Behandlung wird über einen langen Zeitraum durchgeführt. Sie kann solange beibehalten werden, wie eine Wirkung auf den Desmoid festgestellt wird.

Wer verschreibt Imatinib?

Zur Zeit ist Imatinib nur im Rahmen von Studien erhältlich, da es für Desmoide noch nicht zugelassen ist. In Ausnahmefällen, in denen eine Imatinib-Therapie nötig ist, aber die Teilnahme an einer Studie nicht möglich, übernehmen die Krankenkassen unter Umständen auch außerhalb von Studien die Kosten. Dies muss aber vorher schriftlich bei der Krankenkasse beantragt werden.

Welche Probleme können auftreten?

Die Nebenwirkungen der Imatinib-Therapie sind aus dem Einsatz bei anderen Erkrankungen weitestgehend bekannt.

Imatinib hat insgesamt relativ wenige Nebenwirkungen, die von den meisten Patienten recht gut toleriert werden. Sie werden meist als mild bis erträglich angegeben. Es treten natürlich auch nicht in jedem Fall Nebenwirkungen auf.

Am häufigsten sind:

  • Ödeme: also Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe, va. an den Augenlidern und in den Beinen, auch Gelenkschwellungen; Ödeme werden häufig durch rasche Gewichtszunahme auffällig
  • Übelkeit: meist kurz nach der Einnahme des Medikaments
  • Durchfall: meist schubweise Bauchschmerzen
  • Muskelkrämpfe: oder Muskelschmerzen, meist nachts, meist schubweise
  • Hautausschlag: juckende Haut, dieser lässt sehr häufig mit der Zeit der Therapie nach; auch erhöhte Empfindlichkeit der Haut auf Sonneneinstrahlung
  • Müdigkeit: meist 1-2 Std. nach der Einnahme
  • Anämie: Mangel an roten Blutkörperchen, kann zu Blässe, Müdigkeit, Leistungsabfall, Kopfschmerzen etc. führen
  • Unerwartete Blutungen (ohne angemessene Verletzung): zB. blaue Flecken, Nasenbluten. Bei Darmblutungen (also zB. Blut im Stuhl, im Erbrochenen oder schwarzer Stuhl) sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen!
  • Verminderung der weißen Blutkörperchen mit Neigung zu Infekten mit Fieber

Von einer Schwangerschaft während der Therapie wird abgeraten. Bitte sprechen Sie bei weiteren Fragen hierzu mit Ihrem Arzt.

Viele Patienten berichten von einem Rückgang der Symptome nach Wochen bis Monaten der Therapie. Außerdem können viele Nebenwirkungen gelindert werden. Schließlich bleibt die Möglichkeit, die Dosis zu verringern, wenn die Nebenwirkungen sehr stark sind und auf andere Weise nicht in den Griff bekommen werden können.

Welche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bestehen?

Die Wirkung von Imatinib kann durch einige andere Medikamente gesteigert oder vermindert werden und Imatinib kann seinerseits die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen. Sprechen Sie daher in jedem Fall mit Ihrem Arzt, wenn Sie weitere Medikamente einnehmen oder diese neu verschrieben bekommen. Das gilt auch für einige nicht verschreibungs-pflichtige Medikamente. So zB. für Johanniskraut, Paracetamol und zusätzlich auch für Grapefruitsaft.

Kontrolluntersuchungen

Während der Therapie mit Imatinib sollte regelmäßig das Blut untersucht werden, um evtl. auftretende Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.

Hierzu gehören:

  • Blutwerte (vor allem die Menge der roten und weißen Blutkörperchen und der Blutplättchen),
  • Leberwerte,
  • Nierenwerte.

Diese Untersuchungen können vom Hausarzt in Zusammenarbeit mit der behandelnden Klinik durchgeführt werden.

Welche Behandlungen sind nach einer Imatinib-Therapie möglich?

Es sind keine Wechselwirkungen mit anderen Behandlungsmethoden für Desmoide bekannt. (Sichere Aussagen lassen sich zu diesem Zeitpunkt aber nicht treffen.)

 

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